Auf verschlungenen Pfaden in die Großstadtwildnis

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© Torsten Haak ʹ Der Wortfinder Auf verschlungenen Pfaden 
in die Großstadtwildnis 
Das Biotop Fließwiese Ruhleben 
Nur 300 Meter vom U-Bahnhof 
Ruhleben entfernt, inmitten der 
pulsierenden Großstadt, versteckt sich 
ein von der letzten Eiszeit geprägtes 
Naturparadies: die Fließwiese Ruhleben. 
Vom Hempelsteig führt ein schmaler Waldweg vorbei an Weidenbüschen direkt zum Zaun 
des geschützten Biotops. Von dort aus genießt man einen herrlichen Blick auf die von Schilf 
überwachsene verwunschene Landschaft. Wer weiter in Richtung Süden geht, gelangt zur 
Waldbühne. Rechter Hand verläuft ein steiler Trampelpfad über die Murellenberge in den 
nahen gelegenen Schanzenwald. Ein Spaziergang hierher lohnt sich allemal, denn hinter der 
malerischen Idylle verbirgt sich eine wechselvolle und zum Teil düstere Vergangenheit. 
Das Gebiet entsteht vor etwa 12.000 Jahren gegen 
Ende der Weichseleiszeit, als gigantische Eisschichten 
zu schmelzen beginnen. Zahlreiche Senken und 
Niederungen versumpfen und entwickeln sich zu 
Mooren. Die Moraste behindern die Handelswege der 
Menschen. An leichter zu überwindenden Furten 
werden Städte gegründet, darunter auch Berlin. 
Im 19. Jahrhundert nutzt das preußische Heer die Umgebung der Fließwiese Ruhleben als 
Übungsgelände. Mit dem Bau der S-Bahntrasse ab 1907 wird die Murellenschlucht geteilt 
und der ursprüngliche Verlauf zum Stößensee unterbrochen. In den Jahren 1928/29 
entstehen auf dem Gelände des ehemaligen Schießplatzes neue Straßen und eine Siedlung. 
Auf dem angrenzenden Plateau südlich davon wird zeitgleich das Deutsche Sportforum 
errichtet. Während der Bauarbeiten für die Olympischen Spiele von 1936 wird das Gelände 
durch die Berliner Waldbühne ergänzt und der mächtige Hempelsteig aufgeschüttet. Seither 
verhindert der Aushub des Baugrunds die Entwässerung der Fließwiese zum Elsgraben, die 
vielfältige Vegetation verarmt. 
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© Torsten Haak ʹ Der Wortfinder Ein beschaulicher Ort mit militärischer Vergangenheit 
In den letzten Monaten des Zweiten Weltkriegs ist das 
heute so beseelte Kleinod Schauplatz von Gräueltaten: 
Von August 1944 bis April 1945 werden im 
Schanzenwald, veranlasst durch das Gericht der 
Wehrmachtskommandantur mehr als 230 Menschen 
erschossen. Viele der Exekutierten, meist Deserteure, 
werden später im Spandauer Fort Hahneberg beerdigt. 
Die Künstlerin Patricia Pisani erinnert mit ihrer Installation Hunderter Denkzeichen-Spiegel 
nahe dem Ort des Geschehens an die Hinrichtungen. Ein weiteres Mahnmal steht vor dem 
ehemaligen Reichskriegsgericht am Lietzensee, wo die Todesurteile gefällt wurden. 
Bis in die 1950er-Jahre hinein wird die zu dieser Zeit blumenreiche Feuchtwiese 
landwirtschaftlich genutzt. Im Nordostteil hat sich ein kleines Gehöft mit Obstbäumen, 
Gemüseäckern und einer Viehweide gehalten. Die Anwohner nutzen die Bäume des 
Erlenbruchs als Brennholz. Ziegenhalter mähen das Gras der Wiese und machen Heu für ihre 
Tiere daraus. 1959 wird der Nordhang aufgeforstet und das artenreiche Biotop unter 
Naturschutz gestellt. 
Ende der 1960er-Jahre entsteht im 
angrenzenden Schanzenwald ein 
kleines Geisterdorf für militärische 
Übungen. Das Trainingsgelände der 
britischen Streitkräfte umfasst zu 
dieser Zeit nur wenige Bauten: einfache 
Schuppen, einen kleinen Laden und 
eine Kirche. Bis in die 1970er-Jahre 
hinein ist der Ort nur spärlich gesichert 
und für jedermann zugänglich. Besonders Kinder aus der nahen Umgebung nutzen die 
Gelegenheit, den Soldaten bei ihren Manövern zuzusehen. Nach Abzug der Alliierten aus 
Berlin wird die Gegend mehrfach umgestaltet und wegen seiner vielfältigen Flora und Fauna 
zum Naturschutzgebiet erklärt. Seit 2007 steht die zurückgewonnene Erholungsfläche 
wieder allen offen. 
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© Torsten Haak ʹ Der Wortfinder Neuer Lebensraum aus zweiter Hand 
Heute leben und brüten im mittlerweile abgezäunten Gebiet etwa 30 Vogelarten. Selbst 
Kraniche und Graugänse kehren seit einigen Jahren regelmäßig hierher zurück. Teile des 
knapp zwölf Hektar umfassenden Feuchtgebietes werden jährlich überflutet, bleiben in 
manchen Monaten aber auch weitgehend trocken. Im Sommer bedeckt die Kleine 
Wasserlinse das dann oft überflutete Gebiet. Ebenso große Bedeutung kommt dem 
bedrohten Amphibien- und Libellenbestand zu. Der Ansiedlung des Kammmolches verdankt 
ĚŝĞ&ůŝĞƘǁŝĞƐĞĚŝĞƌŶĞŶŶƵŶŐǌƵŵďĞƐŽŶĚĞƌƐŐĞƐĐŚƺƚǌƚĞŶͣEĂƚƵƌĂϮϬϬϬ͞-Gebiet. 
Im Zuge der umfangreichen Renaturierung 
ist auf einem ehemaligen militärischen 
Übungsgelände eine bemerkenswerte, 
sich selbst überlassene Landschaft 
entstanden. So ist die Fließwiese Ruhleben 
beinahe wieder das, was sie einmal war: 
ein Stück eiszeitlicher Urkraft ʹ zu 
entdecken und zu erleben mitten in Berlin. 
 
 
 
 
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