D-CZ Grenzgeschichte Paulusbrunn Wissen 1514 Aufrufe Speichern Drucken Weiterleiten PDF an Freunde weiterleiten: Ihre IP-Adresse wird aus Sicherheitsgründen gespeichert um kriminelle Aktivitäten und unerlaubten Spam zu unterbinden. Leiten Sie nur E-Mails weiter, wo der Empfänger mit dem Versand auch einverstanden ist. Ihre E-Mail Adresse Ihr Name Empfänger E-Mail Adresse Empfänger Name Ihre zusätzliche Nachricht Eigene PDF Hochladen PDF & Publisher Info (QR-Code downloaden) Bärnau, 01.12.2019 https://pdf-ins-internet.de/?p=65938 Die Neubesiedelung des Sudetenlandes in der Region Tachov- Paulusbrunn Die Neubesiedelung des Sudetenlandes in der Region Tachov- Paulusbrunn Teilen: 1945deutsch-tschechischFachkräftemangelGesellschaftGrenzgeschichteheterogenNeubesiedelungneusiedlerPaulusbrunnTachauTachovVertreibung Grenzgeschichten Die Gesellschaft im Sudetenland nach 1945 Eine heterogene Gesellschaft: Deutsche, tschechische Alteingesessene und Siedler sowie neue Minderheiten Für einige Regionen des ehemaligen Sudetenlandes fehlten qualifizierte Arbeits- kräfte praktisch überall, besonders Lehrer, Ärzte und Hebammen. Der Massenaus- weisung der Deutschen aus dem Grenzgebiet zum Trotz sollte ein kleiner Teil der deutschen Minderheit nach wie vor bleiben. Es handelte sich insbesondere um unentbehrliche Fachleute (die im Gegensatz zu ihren Freunden und Verwandten bleiben mussten), Personen aus Mischehen und wenige tausend Personen, die von den tschechoslowakischen Behörden offiziell als Antifaschisten anerkannt worden waren. Insgesamt handelte es sich um knapp 200.000 Deutsche, doch selbst diese Zahl schien den meisten Tschechen unerträglich hoch. So waren die Bewohner des Grenzlandes gezwungen, mit diesem Rest der einstigen deutschen Gesellschaft einen modus vivendi zu finden. Zahlreiche Belege, Zeitzeugenberichte und Hunderte von ausführlichen regionalen Untersuchungen zeigen, dass das Verhältnis der tschechischen Siedler zu den damaligen deutschen Mitbürgern voller Widersprüche war. Es war ein Gemisch aus DOOJHPHLQHP+DVV6XFKWQDFK9HUJHOWXQJGHVÄ0QFKQHU9HUUDWV³*LHUQach deutschem Vermögen, Bewusstsein des historischen Sieges, Argwohn, aber auch Berechnung und gleichzeitig das Wissen um die Unentbehrlichkeit manches deutschen Arbeiters. Viele Menschen, insbesondere diejenigen, die regelmäßig mit Deutschen verkehrten, erkannten deren schwierige Situation und brachten ihr Mitleid gegenüber konkreten Einzelpersonen zum Ausdruck (was aber in der Regel nicht ihre Überzeugung von der Notwendigkeit und Gerechtigkeit der Zwangsaussiedlung relativierte). Wilde Vertreibung war zentral gesteuert Der spontane Hass gegenüber den Deutschen wird sehr oft überschätzt. Die soge- QDQQWHÄZLOGH9HUWUHLEXQJ³GLHLUUWPOLFKIUHLQHQ$NWGHU9RONVUDFKHJHKDOWHQZLUG war in Wirklichkeit eine überwiegend zentral gesteuerte (jedoch nie eingestandene) Aktion oder zumindest eine durch Militär- und Polizeieinheiten durchgeführte Ange- legenheit; also durch Organe, die dem Staat unmittelbar untergeordnet waren. Vieler- orts kannten Tschechen und Deutsche einander persönlich, dies galt doppelt für die mehr als eine halbe Million Tschechen, die während der Kriegszeit im Sudetenland geblieben waren. Viele dieser tschechischen Alteingesessenen waren mit deutschen Frauen verheiratet. Im Gebiet von Tachau, das von den Amerikanern befreit wurde, kam es, solange diese vor Ort waren, zu keiner Äwilden Vertreibung³. Eingestellt über www.PDF-ins-Internet.de - Haftung für Inhalt und Inhaber aller Rechte ist der Puplisher Kontaktdaten und Anbieterkennung des Puplishers/Autors entnehmen Sie bitte dem PDF-Archives auf www.PDF-ins-Internet.de. Alteingesessene, vor allem diejenigen, die auch die letzten sieben Jahre im Sudeten- land verbracht hatten, konnten im Gegensatz zu den neuen Siedlern die Gruppe der Deutschen differenziert betrachten. Aus diesem Grund halfen sie einigen von ihnen und stellten nach und nach fest, dass die Neusiedler oftmals ein größeres Risiko darstellen als die nun zurückhaltenden Deutschen. Diese gaben ihnen im Gegenzug ihr Vermögen in Gewahrsam, denn sie zogen es vor, ihren Besitz an jemanden zu übergeben, den sie kannten, statt an einen anonymen Siedler. Dies weckte natürlich Gehässigkeit, Neid und Empörung unter den Neusiedlern. Viele tschechische Alteingesessene hatten aktiv für die Rechte der tschechischen Minderheit gekämpft. Nach und nach stellten sie fest, wie stark ihr Leben mit der lokalen deutschen Gesellschaft verflochten gewesen war, was alles sie eher mit den lokalen Mitbürgern teilten als mit den Neuankömmlingen. Außerdem beschlich viele Alteingesessene das Gefühl, dass ihr hundertjähriger Kampf ins Leere gelaufen war, weil das Grenzland mit Hilfe von Heimatschutzvereinen ganz anders tschechisiert wurde und sie dazu nicht gebraucht wurden. Während die Kolonisten den Alteinge- sessenen deren Kontakte zu Deutschen vorwarfen, boten sie jedoch selbst eine ganze Reihe von Gründen zur Kritik. Teils zeigten sie Unfähigkeit, Unkenntnis der Verhältnisse und allgemeine Desorientierung ± dies war insbesondere bei denjeni- gen Siedlern auffällig, die Funktionen in Nationalausschüssen oder diversen Kommissionen angenommen hatten. Vielfalt an Emmigranten Ins Grenzland kamen, oder wurden beordert, Menschen aus den unterschiedlichsten kulturellen Kontexten. Bereits während der Vorbereitungen des Transfers der deutschen Bevölkerung ergab sich aus nationalideologischen und vor allem aus wirtschaftlichen und demografischen Überlegungen heraus die Notwendigkeit, im einstigen Sudetenland verschiedene Gruppen von Emigranten anzusiedeln, also Menschen, die im Laufe der Jahrhunderte die böhmischen Länder und die Slowakei verlassen hatten, sich aber bis zu einem bestimmten Maß ihre Zugehörigkeit zu ihrem ehemaligen Heimatland (das galt selbstverständlich für viele nur theoretisch) aufrecht erhalten hatten. Es ging hierbei insbesondere um Tschechen ¾ aus Teilen der Ukraine und Ostpolens, im sogenannten Wolhynien, um ¾ Tschechen und Slowaken aus Rumänien und Nordjugoslawien, aber auch um ¾ Tschechen aus der Karpato-Ukraine, aus ¾ Schlesien, Ungarn ¾ Wiener Tschechen, ¾ Emigranten in Deutschland, Frankreich, Belgien und anderen Ländern ¾ Sogar aus den Vereinigten Staaten Eingestellt über www.PDF-ins-Internet.de - Haftung für Inhalt und Inhaber aller Rechte ist der Puplisher Kontaktdaten und Anbieterkennung des Puplishers/Autors entnehmen Sie bitte dem PDF-Archives auf www.PDF-ins-Internet.de. Wohnhaus in Wolynien Bildautor unbekannt In den Jahren 1945-1946 verlief die Remigration eigenmächtig und wurde nicht durch den Staat organisiert. In dieser Phase trafen im einstigen Sudetenland Nachfahren tschechischer Protestanten aus dem polnischem Zelów und Wiener Tschechen ein. Außerdem wurden Soldaten aus Wolhynien demobilisiert, deren Familien noch auf dem Staatsgebiet der Sowjetunion lebten. Aber die Flächen des zugewiesenen Grundbesitzes (in der Regel 13 Hektar) schienen insbesondere den Landsleuten aus den USA zu gering und ihr Interesse flaute bald ab. Während dieser Phase trafen 64.000 Neusiedler aus den Reihen der einstigen Emigranten und deren Nachfahren in der Tschechoslowakei und insbesondere im tschechischen Grenzland ein. Am 14. Oktober 1946 wurde eine Remigrationsabteilung beim Ministerium für soziale Fürsorge gegründet und die Ära der organisierten Remigration begann. So wurden Kreis Tachov in allen Gemeinden Beauftragte der Regierung für die Organisation eingesetzt . In den Jahren 1947-1950 kehrten insbesondere Tschechen aus Wolhynien zurück, welche landwirtschaftlich vorgebildet waren, ferner Tschechen und Slowaken aus Rumänien und Ungarn, meistens kleine Bauern und mittellose Industriearbeiter, letztere nicht allzu gebildet und bis zu einem bestimmten Maße akkulturiert im rumänischen Umfeld. Beim Interview D/ CZ Schüler berichtete die Leiterin des Museums Cesky les in Tachov, dass in dem kleinen Ort MíliĜe / Brand zwischen Pavluv Studenec und Tachov, eine ganze Reihe der Nachkommen von Wolhyniniern leben. Wie in Bayern die Sudetendeutschen, waren sie nach 1945 nicht unbedingt von der Bevölkerung beliebtÄ9LHOHKDWWHQMHGRFKHLQHJXWH%LOGXQJXQG Z D U H Q V H K U I O H L L J Eingestellt über www.PDF-ins-Internet.de - Haftung für Inhalt und Inhaber aller Rechte ist der Puplisher Kontaktdaten und Anbieterkennung des Puplishers/Autors entnehmen Sie bitte dem PDF-Archives auf www.PDF-ins-Internet.de. Die Tschechen aus Wolhynien stellten aus der Sicht der tschechoslowakischen Behörden die bedeutendste Remigrantengruppe überhaupt. Es handelte sich um etwa 40.000 Personen (samt Soldaten der Svoboda-Armee), deren Vorfahren sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in den fruchtbaren Ebenen des Gouverne- ments von Wolhynien im Westen der Ukraine niedergelassen hatten. Diese Menschen, die sich auch nach über 70 Jahren in der Ukraine ihre Sprache, Bräuche und Wirtschaftsführung bewahrt hatten, konnten leicht gewonnen werden. Sie hatten ± zwar kurz, jedoch in ganzer Härte ± den stalinistischen Terror erlebt, und die Gele- genheit genutzt, in die Svoboda-Armee einzutreten, um nach Hause in die Tschechoslowakei zu gelangen. Auch diejenigen, die jenseits der Gouvernements- grenze von Wolhynien lebten ± auf diese Region bezog sich ein Abkommen, welches eine Übersiedlung ermöglichte ± zogen nach dem Krieg schnell weg. Für ihre Verdienste in der tschechoslowakischen Auslandsarmee wurden den Tschechen aus Wolhynien günstige Bedingungen für die Ansiedlung im tschechi- schen Grenzland versprochen. Die Ankunft dieser Landsleute ± Bauern, aber auch religiös profilierte Gruppierungen ± in die sich nun sozialisierende Tschechoslowakei war schließlich jedoch nicht ganz konfliktfrei. Die nächste bedeutende Remigranten- gruppe waren: ¾ Slowaken, Tschechen und ¾ > Ruthenen aus Rumänien Sie waren nicht in der Lage, Bedingungen stellen zu können. Die slowakischen bzw. tschechischen Dörfer waren über die rumänischen Karpaten verstreut und so fehlte es ihnen an einer einheitlichen Organisation. Die tschechischen Agitatoren aus der Tschechoslowakischen Umsiedlungskommission Oradea-Mare versprachen ihnen, dass sie in der Tschechoslowakei etwas Besseres erwarte ± und so brachen sie auf. Die Tatsache, dass sie sich nicht auf dem Weg in die Slowakei befanden, woher ihre Vorfahren stammten, erfuhren die rumänischen Slowaken selbstverständlich erst im Zug. Gemäß offiziellen tschechoslowakischen Dokumenten vom Jahr 1950 übersiedelten 202.526 einstige tschechische und slowakische Emigranten in die Tschechoslowakei, darunter Tschechen und Slowaken aus der Karpaten-8NUDLQHGLHIUGLHý65RSWLHUW hatten. Wenn wir zu dieser Zahl noch die 200.000 verbliebenen Deutschen, einige Zehntausend Ungarn, etwa 20.000 Griechen, 150.000-190.000 Slowaken und Zehn- tausende ostslowakische Roma, die in den ersten Kriegsjahren ins tschechische Grenzland gezogen waren, dazurechnen, so stellen wir fest, dass die Angehörigen ethnisch und kulturell differenter Gruppen etwa ein Drittel der Gesellschaft der einstigen Sudetengebiete ausgemacht haben, welche Ende März 1947 nach Anga- ben der zentralen Siedlungsorgane 2.496.836 Bewohner hatten. Eingestellt über www.PDF-ins-Internet.de - Haftung für Inhalt und Inhaber aller Rechte ist der Puplisher Kontaktdaten und Anbieterkennung des Puplishers/Autors entnehmen Sie bitte dem PDF-Archives auf www.PDF-ins-Internet.de. Im ehemaligen Niederschlesien, der Gegend um Strehlen bei Breslau, lebten nach ihrer Emigration aus der K&K Monarchie wegen ihres Glaubens ausgewiesene Tschechen. Es handelte sich um Nachkommen tschechisch-hussitischer Exulanten, die sich bei Breslau unter den Preußen eine neue Existenz aufgebaut hatten. Nach 1945 fühlten sie sich unter der neuen polnischen Bevölkerung nicht mehr wohl, umgekehrt sahen diese sie als feindlich gesinnte Deutsche an. So emigrierten sie erneut in Richtung der ehemaligen Heimat nach Tschechien. In der Gegend von Sokolov / Falkenau wurden sie angesiedelt. Keine gute Lösung, QXQZXUGHQVLHYRQGHQ7VFKHFKHQÄDOV'HXWVFKH³ misstrauisch behandelt, da viele nicht mehr tschechisch sprachen. D. Franzkowski berichtete von seiner Magister- arbeit an der Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder. Er hat alte Hussinetzer und deren Nachkommen befragt, in Deutschland, im heutigen Hussinetz (wenige alte Frauen, die nach 1945 Polen geheiratet haben und sich heute am ehesten als Hussinetzerinnen ohne nationale Bindung verstehen) und im Egerland lebende Hussinetzer, die zur Belebung des Vertreibungsgebietes von den Tschechen 1946 mit ihrer beweglichen Habe dorthin umgesiedelt wurden. Ihre altertümliche tschechische Haussprache aus Hussinetz wurde von den Tschechen nicht oder nur schwer verstanden. Viele blieben nicht lange und zogen in die sächsische Lausitz, manche wanderten aus nach Amerika. Im Bezirk Tachov, so Frau Hutnikova, Direktorin des Museums cesky les, Äwar die Hauptbesiedelung, wie im ganzen Land 1955 abgeschlossen³'LHQHXKLHUOHEHQGHQ Menschen hatten keine Chance des Rückweges, waren ohne Heimat und zunächst auch keinerlei Bindung zum neuen Land. Das Leben in der Stadt Tachov ging von Anfang ohne größere Probleme voran. Die Handwerkerbetriebe, wie Bäcker, Metzger aber auch die Landwirtschaft mit Viehhaltung hatte nichts an ihre Kontinuität ver- loren, sie waren von Beginn an schnell besetzt. Das größte Problem war das Fehlen von Menschen mit höherer Bildung, das blieb bis zirka 1965. Der Staat verpflichtete junge Menschen nach dem Studium für mehrere Jahre und dem Versprechen für große Vorteile ins Grenzgebiet zu gehen; dazu gehörten u.a. Lehrer und Ärzte. Fazit Bis heute sucht das Grenzland seine Identität. Es zeigt sich, dass diese Suche ohne eine Anknüpfung an die älteren Schichten des Gedächtnisses dieses Landes kaum erfolgreich sein wird. Dies ist ein komplizierter Prozess mit offenem Ende ± sicherlich jedoch kein aussichtsloser. Eingestellt über www.PDF-ins-Internet.de - Haftung für Inhalt und Inhaber aller Rechte ist der Puplisher Kontaktdaten und Anbieterkennung des Puplishers/Autors entnehmen Sie bitte dem PDF-Archives auf www.PDF-ins-Internet.de. Quellen: Interview D/ CZ Schüler mit der Leiterin des Museums Cesky les in Tachaov, Frau Hutnikova im August 2019, Auszug des (LQOHLWXQJVHVVD\VYRQ0DWČM6SXUQê]XP%XFK Sudetengeschichten: Vertriebene - Alteingesessene ± Neusiedler³ von Sarah Scholl- Schneider, Miroslav Schneider, et al. 2011, NÁRODNÍ ARCHIV [Nationalarchiv Prag, im Folgenden N$@)$09B1RVNĤYDUFKLY Andreas Wiedemann: "Komm mit uns das Grenzland aufbauen!" Ansiedlung und neue Strukturen in den ehemaligen Sudetengebieten 1945-1952. Klartext Verlag, Essen 2007. Die Nachkommen der Böhmischen Brüder im preußischen Schlesien, Frant. Aug. Slavik (1870) abgedruckt in: Svetozor. Wolfgang Stribrny (KK) Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen für Wissenschaft und Forschung Godesberger Allee 72-74, 53175 Bonn Quelle: https://deacademic.com/ Eingestellt über www.PDF-ins-Internet.de - Haftung für Inhalt und Inhaber aller Rechte ist der Puplisher Kontaktdaten und Anbieterkennung des Puplishers/Autors entnehmen Sie bitte dem PDF-Archives auf www.PDF-ins-Internet.de.